Glücksrad

Karl Hohenlohe ist auf der Suche nach dem Glück. Bei dieser Suche trifft er weltweit auf interessante Personen und kommt dem Rezept nach dem Glück immer ein Stücken näher.
Und erneut machen wir uns auf die Suche nach glücklichen Menschen. Begonnen haben wir mit Harald Schmidt und ihn gefragt: „Wer ist der zufriedenste Mensch, den Sie kennen?“ Diese Person haben wir besucht und dieselbe Frage wieder gestellt. Eine Reise zum Glück.

Naturgemäß sind Menschen, die berufsbedingt Humor verbreiten, immer etwas aufgeregt. Harald Schmidt ist es nicht. Er ruht in sich, im wahrsten Sinn des Wortes. Dabei vergehen bei unserem Spaziergang kaum zehn Sekunden ohne eine kleine Pointe, skurrile Schilderungen aus dem Alltag, absurde Situationen aus dem Fernsehen, Szenen, die aus seiner Betrachtungsweise in völlig anderem Licht erscheinen. Seit acht Jahren hat Harald Schmidt keine Fernsehshow gemacht, aber seine Popularität ist relativ ungebrochen. Gerade spielt er in der Wiener Volksoper in „Die Dubarry“ und wird von Veranstaltung zu Veranstaltung weitergereicht.

Wer ist der glücklichste Mensch, den er kennt?

Ganz klar: seine 2021 verstorbene Mutter. Eine tiefgläubige Frau, aufgewachsen in der Tschechoslowakei, genauer gesagt in Nikolsburg, gleich hinter der österreichischen Grenze. Marta Schmidt, eine Frau, die Kraft ihres Glaubens nichts umhauen konnte. Ja, der Vater, ein gebürtiger Karlsbader, war auch ein christlich geprägter Mann, nur mit der Amtskirche hatte er mitunter seine Probleme. Harald Schmidt selbst geht auch gerne in die Kirche. In der Kindheit war er katholischer Pfadfinder, später Kirchenmusiker mit C-Abschluss. Seine Mutter stand dem Leben völlig gelassen gegenüber. Kein Schicksalsschlag
hat sie verzweifeln lassen, sie war immer zufrieden und ausgeglichen. „Ich will das jetzt nicht überstrapazieren“, sagt Harald Schmidt, ein klassisches Kind der Nachkriegsgeneration. Jammern, das hat es nie gegeben. Leider können wir Frau Schmidt nicht mehr befragen.
Also, wer ist, nach seiner Mutter, der glücklichste Mensch, den er kennt?
In jedem Falle Harald Schmidt selbst. Warum? „Weil ich frei bin.“ Die in seiner Jugend gesteckten Ziele hat er alle erreicht und heute macht die Showlegende nur mehr, was ihr wirklich Spaß macht. „Ich werde zum Beispiel sehr oft eingeladen, über Thomas Bernhard zu sprechen, aber eigentlich habe ich keine Ahnung von ihm. Und so geht es mir oft. Ein Veranstalter fragt: ,Können Sie über dieses Thema einen Vortrag machen?‘ Und ich sage: ,Zu diesem Thema hab ich keinerlei Ahnung, aber ich komme trotzdem.‘ Das funktioniert. Ich habe mehr oder weniger eingelernte Module, die ich überall einsetzen kann.“

Harald Schmidt ist, was seinen Zufriedenheitsstatus anbelangt, natürlich erblich vorbelastet. Er hat von seinen Eltern gelernt, sich über nichts im Leben wirklich aufzuregen. Dann meint Schmidt, dass Glück auch die Abwesenheit von Unglück sein kann und, apropos, da fällt ihm auch noch der Spruch von Gottfried Benn ein: „Dumm sein und Arbeit haben – das ist Glück“. Eigentlich hat er sich mit der Thematik nie intensiv auseinandergesetzt, aber wenn er jetzt auch noch eine andere Person nennen sollte, auf die die Begriffe „Glück“ und „Zufriedenheit“ zutreffen würden, dann wäre das sein Freund, die Sportreportlerlegende Waldemar „Waldi“ Hartmann.

Harald Schmidt: „Waldi nimmt das Leben von der heiteren Seite. Ehemaliger Rockgitarrist, Kneipenwirt und Faschingsprinz in Augsburg. Eine erstklassige Anekdotenmaschine. Er hat als Sprecher beim Bayerischen Rundfunk die Livenachrichten aufgezeichnet, um mit dem Fernsehdirektor aufs Oktoberfest zu können, wo er dann plötzlich auf dem Monitor ,live‘ zu sehen war. Sein Lieblingszitat: Nach diversen Problemchen sagte ihm der damalige ARD-Programmdirektor: ,Ihr Sarg war bereits in der Aussegnungshalle, ich habe verhindert, dass der Deckel drauf kommt.‘ Er hat mit seiner Frau Petra sein Glück gefunden. Die beiden sind ein Herz und eine Seele, auch wenn Waldi mit Gerd Rubenbauer im Schnee von Sestrière das Auto anschiebt, in dem sie mit angezogener Handbremse sitzt.“ Waldemar Hartmann ist eine äußerst sympathische Erscheinung. In seiner Jugend hat er wenig ausgelassen. Die beste Lebensschule war seine Gastwirtschaft: „Da lernt man, mit Menschen umzugehen.“
Sein Glückscredo: „Man soll die Dinge so nehmen, wie sie kommen. Man sollte aber dafür sorgen, dass die Dinge so kommen, wie man sie nehmen möchte.“ Waldemar Hartmann ist reich an Lebenserfahrung. In jungen Jahren mit Roy Black und seinem Bruder befreundet, Sänger, Gitarrist und später bekannter Sportreporter. Berühmt wurde Waldi Hartmann, als der damalige deutsche Teamchef Rudi Völler in einem Live-Interview in Rage geriet. Heute lebt er in der Schweiz und für alle, die sich nach dem Glück sehnen, hat er einen Tipp: „Nicht warten, bis das Glück einen überfällt, man muss das Glück suchen.“ Privat hat er es längst gefunden: Der zufriedenste Mensch in seiner Umgebung ist – und das kommt wie aus der Pistole geschossen – seine Frau. Dr. phil. Petra Hartmann hat einige schwere Operationen hinter sich, aber nie aufgegeben. „Sie ruht vollkommen in sich“, sagt ihr Mann, „sie hat sich kein einziges Mal beklagt. Und das vielleicht Schönste: Manchmal schaut sie mich an und meint: ,Ich bin glücklich.‘ Wer sagt einem das sonst noch?“ Petra Hartmann ist eine durch und durch zufriedene Person: „Glücklich zu sein, sehe ich weniger in Verbindung mit dem Begriff ,Status‘. Glücklich sein ist eine persönliche Empfindung, ein freudiges, wohliges Gefühl. Sobald ich mich bewusst mit etwas auseinandersetzen muss, ist es schon kein reines Glücksgefühl mehr.“ Die beiden sind jetzt schon 25 Jahre verheiratet und zu zweit scheint es manchmal einfacher, ein ausgeglichenes Leben zu führen. Petra Hartmann: „Glücklich macht mich, mit meinem
Mann zusammen zu sein. Wir freuen uns über jeden Tag, genießen es, miteinander zu essen, zu trinken, zu reden, kurzum: uns auszutauschen und vor allem zu lachen. Und ich bin dankbar und glücklich, jemanden an meiner Seite zu haben, der das ebenso empfindet.“ Ein wichtiger Aspekt für beide ist der Begriff „Dankbarkeit“. Eine Thematik, die sich fast wie ein roter Faden durch unsere Kurzporträts glücklicher Menschen in den vergangenen Ausgaben zieht. Und kann man Zufriedenheit lernen? „Nein“, meint Petra Hartmann. „Glücklich sein kann man nicht üben oder lernen. Man muss nur bereit sein, Glück zu erkennen und zu empfangen. Man kann den Zustand der Zufriedenheit anstreben und auch erreichen. Dann hat man für sich eine Situation, in der sich ,alles so anfühlt, wie man es haben wollte‘. Das ist schon sehr viel. Aber: ,Ich bin glücklich‘ ist das Schönste, was man über sich sagen kann.“ Damit sind wir am Ende unseres Glücksrads angelangt, in der nächsten Ausgabe geht es wieder weiter. Fazit: Das Glück kommt nicht von alleine, seine stärkste Motivation ist – allen Problemen zum Trotz – eine positive Lebenseinstellung. Und die bestimmen wir nun einmal selbst.

 

von Karl Hohenlohe

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