Genussradeln im Burgenland

Naturbelassen, kulinarisch und allem voran gemütlich genießen wir in österreichischer Manier die spätommerlichen Temperaturen bei Radtouren im Blaufränkischland und rund um den Neusiedler See.

Im sonnengeküssten Hügelland spricht man nicht ohne Grund von der Dreifaltigkeit der Weinkompetenz. Komplexe Weißweine, weltbekannte Süßweine und die körperreichsten Rotweine Österreichs entstehen in mildem Klima aus der facettenreichen Traubenvielfalt. Die pannonische Fischsuppe, zartes Lardo vom Mangalitza-Schwein sowie saftig-süße Purbacher Edelkirschen ergänzen das kulinarische Spektrum – ein wahres Paradies für Genießer und Weinliebhaber.

LEBENDIGE WEISSWEINE, SÜSSWEIN VON WELTRUF UND SOMMERLICHE SEELUFT

Zweitagestour
Start: Neusiedl am See
Strecke: 88 Kilometer
Fahrzeit: circa 4 Stunden 30 Minuten

Mit Seeluft in der Nase startet die Erkundungstour des Leithagebirges am späten Vormittag. Ob Mountainbike, Rennrad oder E-Bike – unser Trip beginnt bei fantastischem Wetter in Neusiedl am See in Richtung Jois. Dank angenehmer Bodenverhältnisse und guter Beschilderungen ist es tatsächlich nur ein Katzensprung in die kleine Gemeinde, die die nordöstliche Grenze des Leithabergs bildet. Ein kurzer Spaziergang zwischen den naturbelassenen Reben von Markus Altenburg stimmt auf den Genusstrip ein. Ein Achterl Neuburger aus dem Jahr 2021 später geht die Radtour nun wirklich los.

Entlang romantischer Wege mit traumhaftem Ausblick auf den See zieht es uns in die etwas südlich gelegene Region rund um Breitenbrunn, Purbach und Donnerskirchen. Angelockt vom Duft reifer Kirschen, landen wir schlussendlich auf einer Picknickdecke zwischen den Reben des Weinquartetts im sogenannten „Himmelreich“. Die Weinpicknicks finden jedes Jahr von Juni bis August statt. Und genau wie es der stimmige Name vermuten lässt, fühlen wir uns auch: Entspannt genehmigen wir uns junge, fruchtige und zugleich elegante Weißweine in den regionstypischen Rebsorten. Eine Rarität ist jedoch der Rote Veltliner Ried Bergweingarten. Als sehr untypische Rebsorte dieser Region fällt er auf der Karte sofort auf und sticht geschmacklich mit gehaltvoller Struktur – wohlgemerkt positiv – hervor. Zu essen gibt es allerlei köstliche Kleinigkeiten und selbstverständlich unsere Kirschen zum Nachtisch.

Die letzte Etappe des Tages führt an der Oggauer Kellergasse vorbei und endet in der Freistadt Rust. Das Quartier für die Nacht könnte passender nicht sein: Wir übernachten in der Pension Drahteselböck von Walter Eselböck.

Bevor wir uns nach dem ausgiebigen Frühstück wieder aufs Rad schwingen, statten wir noch dem wohl bekanntesten Weingut des Orts einen Besuch ab. Wer den Ruster Ausbruch der Familie Feiler-Artinger als „flüssiges Gold“ bezeichnet, übertreibt keinesfalls. Die Cuvée des besonderen Süßweins aus dem Jahr 2013 ist anbetungswürdig und wird nach der Verkostung gleich in mehrfacher Ausführung gut geschützt auf dem Gepäckträger verstaut.

Im Zeichen der Süßweine stehen auch die weiteren Ausflugs- ziele des Tages. Die Fähre bringt uns von der Festspielstadt Mörbisch auf schnellstem Wege an das östliche Ufer des Neusiedler Sees, dem Seewinkel. Feuchtwiesen und Salzlacken prägen das Landschaftsbild des Naturschutzgebiets. Die kundigen Hände von Hans Tschida und Gerhard Kracher aus Illmitz lassen auch auf der rechten Uferseite legendäre Süß- weine entstehen. Von der Spätlese bis zur Trockenbeerenauslese strahlen die goldgelben Weine nicht nur farblich, sondern vor allem geschmacklich höchste Qualität aus. Solch eine Süße muss ausbalanciert werden und so landen wir hungrig und voller Vorfreude auf pannonische Spezialitäten im Nachbarort Apetlon beim Gasthaus Zum fröhlichen Arbeiter.

Auf die würzige Fischsuppe folgen hauchdünne Palatschinken, ganz klassisch mit Marillenmarmelade. In der nachmittäglichen Sonne neigt sich unsere Radtour langsam dem Ende zu. Bevor wir am Ausgangspunkt in Neusiedl ankommen, liegen jedoch noch ein paar Kilometer, idyllische Landschaft und der Hofladen von Josef Göltl vor uns. Hier gibt es saumäßig gute Produkte vom Mangalitza- und Turopolje-Schwein. Das belegte Hausbrot mit Schmalz und Schinken dient als Wegzehrung vor dem letzten Streckenabschnitt. Der laue Sommerabend klingt schlussendlich mit Blick auf den See in der Mole West aus.

REIFE BEEREN UND PFEFFRIGE WÜRZE IM BLAUFRÄNKISCHLAND

Tagestour
Start: Deutschkreutz
Strecke: 38 Kilometer
Fahrzeit: 2 Stunden 45 Minuten

Überquert man den Sieggraben südlich des Neusiedler Sees und fährt in Richtung der ungarischen Grenze, landet man im Zentrum der österreichischen Rotweinkultur. Die Weingärten rund um Neckenmarkt, Horitschon, Deutschkreutz und Raiding sind bekannt für ihre tiefgründigen Lehmböden, die ideale Voraussetzungen für ein hervorragendes Achterl Rotwein mit- bringen. Vor uns liegen somit knapp 38 Kilometer purer Genuss im Zeichen der kraftvollen Rebsorte Blaufränkisch.

Die Weingärten von Albert Gesellmann prägen nicht nur das Landschaftsbild rund um Deutschkreutz, sondern auch den Geschmackssinn maßgeblich: pfeffrige Würze, ein Hauch von Vanille und leichte Raucharomen. Die vergangenen Jahrgänge sind vielschichtig, balanciert mit eleganten Tanninen am Gau- men und lassen bereits im Weingarten vermuten, welch edle Tropfen aus den blauschwarzen Beeren in einigen Monaten entstehen.

Als Elefant im Porzellanladen bezeichnet das Weingut Strehn seinen Rosé. In keinster Weise tollpatschig stellt sich dieser Wein dar. Er ist schwungvoll, frisch und belebend. Mit diesem Gefühl und einer leichten Grapefruitnote am Gaumen radeln wir gemütlich in Richtung Raiding, dem Geburtsort von Franz Liszt. Der kurze Waldabschnitt entlang der Route sorgt an heißen Tagen für ein wenig Abkühlung im Schatten der Bäume.

Von Raiding nach Horitschon ist es wahrhaftig ein Katzensprung. Neben zahlreichen Ortsvinotheken und der rustikal-romantischen Kellergasse zieht die Destillerie Kohlmann unsere Aufmerksamkeit auf sich. Die unglaubliche Sortenvielfalt scheint hier selbstverständlich zu sein. Stets tüftelt man an neuen Kreationen. Dass auch Sorten abseits der Norm brillieren, zeigen die zahlreichen Auszeichnungen. Krustenbrotbrand, Bärlauchbrand und Safran-Gin sind die geheimen Favoriten und finden in jedem Fall einen Platz im Fahrradkorb.
Der Duft von gutbürgerlicher Hausmannskost zieht uns in einen der Heurigen entlang der Neckenmarkter Herrengasse. Zu Tafelspitz mit Kartoffelknödel, einem würzigen Liptauer-Brot und herrlichen Krautfleckerl gesellen sich ein paar Achtel des Hausweins. Der lauwarme Topfenstrudel mit Vanillesauce ist ein Muss, bevor man sich wieder auf das Zweirad seiner Wahl schwingt, den Blick in nordwestliche Richtung.

Inmitten der mittelburgenländischen Hügellandschaft zieht eine kleine Kapelle unsere Blicke auf sich. 1735 wurde sie zu Ehren des Heiligen Donatus, dem Schutzpatron der Winzer, errichtet und bietet den perfekten Platz für eine kleine Verschnaufpause. Von der romantischen Kapelle aus genießen wir den atemberaubenden Ausblick weit in die Pannonische Tiefebene. Wir haben Glück und sehen – dank des guten Wetters – bis zum Neusiedler See, bevor wir schlussendlich zum letzten Streckenabschnitt unseres Ausflugs nach Deutschkreutz aufbrechen.

Ausgepowert und zugleich glücklich und zufrieden bringen wir unsere kulinarischen Schätze und all die wunderbaren Eindrücke aus dem schönen Burgenland nach Hause.

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